Bischof im antiken Lykien: Das ist der Heilige Nikolaus von Myra

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Ein griechischer Bischof füllt die Stiefel

Wer heutzutage an den Weih­nachtsmann denkt, hat ein Bild vor Augen: Ein etwas beleibter, älte­rer Herr mit langem, weißen Bart in einem roten Mantel mit weißem Pelzbesatz. Dieses Kostüm allerdings haben erst die Werbestrategen von Coca Co­la dem „Santa Claus“ verpasst – und damit ganze Arbeit geleistet, um eine moderne Weihnachtslegende zu erschaffen. Denn ursprünglich hatte „Santa Claus“, der Heilige Nikolaus, weder etwas mit flie­genden Rentierschlitten, verschneiten Schornsteinen, noch mit Geschenke-Paketen zu tun.

Der Heilige Nikolaus auf dem Flügelaltar in der Marienkirche in Mühlhausen

Der historische Heilige Nikolaus war in einer gänzlich anderen Welt zu Hause, am Mittelmeer, in der Spätantike Kleinasiens. Er wurde um 270 n. Chr. in Lyki­en geboren – in der heutigen Türkei. Sein griechischer Name, Nikólaos, setzt sich aus nike (Sieg) und laos (Volk) zusammen. Nachdem seine Eltern einer Pestepidemie zum Opfer gefallen waren, übernahm sein Onkel Nikolaus, der Ältere, die Verantwortung für Nikolaus. Sein Onkel war damals Bischof der Hafenstadt Myra, der nach Myrrhe duftenden Stadt der Lykier, und weihte seinen Neffen mit 17 Jahren ebenfalls zum Priester.

Abb. Der Heilige Nikolaus auf dem Flügelaltar in der Marienkirche in Mühlhausen. Foto: (cc) Friedrichsen.

Nikolaus‘ väterliches Erbe scheint beträchtlich gewesen zu sein. Er benutzte es angeblich, um den Armen zu helfen, er stiftete ein Kloster und wurde zu dessen Abt. Nach dem Tod seines Onkels folgte er diesem dann auf den Bischofsstuhl von Myra. Es war eine schwierige Zeit, denn römischen Kaiser verfolgten die Christen noch immer, und so wurde auch der Bischof von Myra im Jahr 303 in den Kerker geworfen und gefoltert. Doch überlebte er die Martern, und auf dem Konzil von Nicäa 325 waren seine Folterspuren noch immer sichtbar. Nikolaus starb am 6. De­zember 342 (oder 347).

Der wundertätige Seelenhirte

Die guten Taten, die Nikolaus vollbracht haben soll, trugen ihm eine Verehrung lange über seinen Tod hinaus ein. Doch vermischte sich darin Wahrheit mit Legende. So hatten die Bischöfe als Oberhäupter ihrer Städte in der Spätantike auch Verwaltungsaufga­ben inne. Der Bischof trug bei Hungersnöten etwa die Verantwortung für die Versorgung der Stadt.

Nikolaus soll aber auch Seeleute aus Gefahr gerettet haben, er soll unschuldig Verurteilte vor dem Tod bewahrt haben oder verarmte Jungfrauen mit einer Mitgift ausgestattet haben, um sie vor der Prostitution zu bewahren – aber beson­ders soll ihm das Wohl der Kinder am Herzen gelegen haben. Sah der Bischof ir­gendwo in seiner Stadt ein Kind leiden, soll er seinen Knecht mit Namen Ruprecht ausgeschickt habe, der diesem Kind etwas schenkte.

Denjenigen Kindern allerdings, die ande­ren wehtaten, drohte Ruprecht mit der Rute. Schnell entwickelten sich auch Wundergeschichten über die Taten des Bischofs. Einmal soll er ein Kind wiedererweckt haben, das am häuslichen Herd verbrannt war. Auch an seinem Grab sollen sich Wunder zugetragen haben. Noch im Frühmittelalter wurde Nikolaus heiliggesprochen. In Myra, wo einst die griechische Göttin Artemis verehrt wurde, gab es bereits im 5. Jh. eine Basilika über seinem Grab, die jedoch einem Erdbeben zum Opfer fiel. Kaiser Justinian ordnete den Wiederaufbau der Kuppelkirche an.

Abb. Myra in Lykien heißt heute Demre und liegt in der Türkei. Die Kirche aus dem 8. Jh. wurde im 19. Jh. und 20. Jh. wiederaufgebaut und restauriert, Fresko eines Bischfs und Heiligen in der Kirche, eine weitere Sehenswürdigkeit in Myra sind die antiken lykischen Felsengräber neben dem römischen Theater. Fotos: Weber.

Die Pilger, die nun zum Grab des Heiligen kamen, wurden von einem Kloster am Ort aus betreut. Von Myra  verbreitete sich der Nikolauskult im ganzen byzantinischen Osten – bis Kaiserin Theophanu, Gattin Ottos II., die aus der byzantinischen Kaiserfamilie stammte, die Nikolaus-Verehrung ins christliche Abendland mitbrachte.

Der Raub der heiligen Reliquien

Die St. Nikolaus-Kirche in Myra (das heutige Demre, südöstlich von Antalya), wurde bis ins 11. Jh. immer wieder erneuert, doch im Jahr 1071wurde Myra von Seldschuken erobert. 1087 fanden See­leute aus Bari die Stadt verlassen vor und stahlen kurzerhand die Reliquien des Heiligen. Sie brachten sie nach Italien, wo sie bis heute in der Kirche San Nicolo in Bari liegen. In Myra hingegen sieht man heute nur noch den aufgebrochenen Sarkophag des Heiligen. Die Kirche war nicht nur Opfer der Zerstörung geworden, sondern auch Opfer des wechselnden Flussbettes des Myros. Doch 2017 fanden Archäologen eine weitere Bestattung unter der Kirche. Ob sie in diesem Grab die echten Knochen des Heiligen gefunden haben, ist als Frage immer noch offen.

Im 19. Jh. versuchten Altertumsforscher den ersten Wiederaufbau der Kirche. Seit den 60ger Jahren des 20.Jh. führte die türkische Altertümerverwaltung dann umfangreiche Ausgrabungen durch und arbeitet seit den 80ger Jahren an der Restaurierung. Freigelegt wurden dabei zahlreiche Fresken von orthodoxen Bischöfen und Heiligen sowie schmuckreiche Mosaike und zwei antike Marmorsarkophage. Etwas verblasst blicken die Mosaikbilder aus den Nischen und von den Decken, doch werfen sie immer noch ein Echo aus den lebendigen tagen der Kirche im Mittelalter.

Aufgebrochener Sarkophag in der St. Nikolaus-Kirche in Demre enthielt vielleicht die Gebeine des Heiligen Nikolaus

Der aufgebrochene Sarkophag des Heiligen Nikolaus von Myra in der St. Nikolaus-Kirche in Demre (Türkei). Die Gebeine des Heiligen sollen von italienischen Seeleuten geraubt und nach Bari gebracht worden sein, wo sie heute noch liegen.

Ikonografisch wird der Heilige Nikolaus als Bischof mit Krummstab, Mitra und langen Mantel dargestellt, oft trägt er ein Buch mit drei goldenen Kugeln darauf. Das Volksbrauchtum ging jedoch verschiedene andere Wege. Bereits im Mittelalter wurden Kinder zu Ehren des Heiligen am 6. Dezember beschenkt. Im Zuge der Reformation wurde Nikolaus dann zum Weihnachtsmann umgedeutet, der den braven Kindern zur Feier der Geburt Jesu Christi am 24. oder 25. Dezember Geschen­ke bringt.

Im süddeutschen und südosteuropäischen Raum, kommt der Nikolaus am 5. oder 6. Dezember ins Haus, verteilt Gaben und weist dämonische Wesen, wie den Krampus, in seine Schranken. Im protestantisch geprägten Mittel- und Norddeutschland hingegen ist Knecht Ruprecht mit der Rute an seiner Seite. In Norwegen stellte man sich Nikolaus als Schuster vor, der zu Beginn des Winters von Haus zu Haus ging und seine Dien­ste anbot – weshalb am Vorabend des Nikolaustages die Schuhe vor die Tür gestellt werden und diese dann am nächsten Tag voller Süßigkeiten sind. (Kristin Weber)

Der Heilige Nikolaus in Daten:

  • Geboren: um 270 in Lykien (heute Türkei)
  • Gestorben: um 345/oder 51
  • Gedenktag: 6. Dezember
  • Bedeutung des Namens: (gr. Nikólaos) nike = Sieg, laos = Volk
  • Patron: von Russland und Lothringen, der Kinder, Jungfrauen, Chorknaben, Schüler, Lehrer, Pilger, Reisende, Seeleute, Fischer, Fischhändler, Metzger, Bäcker, Müller, Korn- und Samenhändler, Kaufleute, Fassbinder, Bierbrauer, Schnapsbrenner, Wirte, Weinhändler, Weber, Bandmacher, Tuchscherer, Knopfmacher, Spitzen- und Tuchhändler, Steinbrucharbeiter, Steinmetze, Apotheker, Kerzenzieher, Parfümfabrikanten, Advokaten, Notare, Richter, Gefangenen, Feuerwehrleute, für eine glückliche Heirat, Helfer in Seenot, gegen Diebe und bei der Wiedererlangung gestohlener Gegenstände, Helfer bei ungerechten Gerichtsurteilen.
  • Attribute: älterer Bischof mit Stab, Pallium und Mitra, trägt ein Buch mit dreigoldenen Kugeln darauf

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